Be ydy celf?
Peter Bürger says: „The globalisation of art poses to us today a real problem. And it is important to me that we criticise this development—I mean this false sublation— even against the decisions of major institutions, the museums of the globalised world. Instead, we should apply other criteria as those used by these institutions when we have to determine what art is.“ (Journal of Avant-Garde Studies 1 (2020) 115–150, 148)
„Das Denken ist kein Mittel für das Erkennen. Das Denken zieht Furchen in den Acker des Seins.“
Sagte bereits vor langem Martin Heidegger, damals unterwegs zur Sprache, dort in Tübingen, 1959 verdruckt und nun, hier gefunden, auf der Seite 175.
Und nun, da wir nicht dachten, sondern lasen, konnten wir erkennen, dass wir einst nicht dachten, sondern Furchen zogen im Acker des Seins. Lesen Sie selbst nach:
Das zitierende Zitat zitiert das Zitat als Zitat zitierend.
Vorher vorne Vormachen
Nachher hinten nochmal vormachen
Pi mal Daum zur Kasse
Wenn Du mit zwei Farben malen kannst, male mit der dritten.
Die Tiefe der Kunst
Die Tiefe der Kunst ist nicht in einer nachzuvollziehenden künstlerischen Metapher zu finden, mit der der ohnehin schon sinnhaft erschlossenen Welt ein weiterer, und wirklich ja ach so ganz besonders origineller Sinn hinzugefügt wird. Nein, ja, doch, also ist die Tiefe der Kunst, die des oder eines, denn der Abgrund sind viele, Abgrundes, in den wir blicken oder vielleicht gar, in dem wir umherblicken, wo keine Welt zu haben ist, keine Welt zu greifen ist, alle unsere so fleißig erlernten, geflissentlich trainierten, vorbildlich eingeübten Automatismen die wir Verstehen nennen uns versagen, wie versagen. Daher Scheitern als Chance, daher Scheitern als Überlebenskunst.
Oho, ein verspätetes Weihnachtsgeschenk voller Already Saids. Wir machen verfrühten Frühjahrsputz, weil die Batterien leer sind bzw. defekt. Wir brauchen seltene Erden, dafür schmeißen wir den Rest nicht weg.
Erraten Sie wer zuerst so schlau war?
Mein Name ist Hase und ich weiß von nichts. Eine Erkenntnistheorie der Avantgarde.
Ich mag mich falsch besinnen, aber ich denke, dass es sich so zugetragen hat, also dass es mir tatsächlich ein Freund zugetragen hat, wie er in Gesprächsmomenten, in denen das Gegenüber, oder vielleicht mag es auch das Nebenan sein, mit einem großen Thema auffährt, mit der Behauptung massenkarambolagiert, er habe darüber ja ein Buch geschrieben. Ein diskursives Hase-und-Igel-Manöver.
Der Hase springt weiter als er denkt, der Igel hat lange Beine, die man nicht sieht, der Haifisch trägt seine Zähne im Gesicht und der Drache hat zwei Zungen. Damit sind die Wappentiere der NWK-AO durchgezählt.
O’r Avantgarde i’r Afongad. Mein Name ist Hase ich weiß von nichts. Was weiß die Afongad?
Die Wissenschaft hat dreifach festgestellt, dass die Ästhetik sich seit den 1960er Jahren vornehmlich performativen Künsten widmet und handlungstheoretische Ansätze entwickelt, mit denen sich dann auch die avantgardistischen Genres wie Happenings und Aktionskunst systemisch erschließen ließen. Die Verschiebung hin zum ästhetischen Prozess und der handlungstheoretische Fokus auf Partizipation, Co-creation ging zulasten des Werkbegriffs und unterwanderte zugleich den Dualismus von E- und U-Kunst, da Alltagspraktiken sowie soziale Praktiken in den handlungstheoretischen Kunstbegriff Eingang fanden. Anke Haarmann zeichnet in ihrer Monographie zur epistemologischen Ästhetik künstlerischen Forschens anschaulich nach, wie „jüngste Kunstgeschichte künstlerische Arbeiten vermehrt unter dem Blickwinkel eines »Kunsthandelns«[1] [interpretiere], wenn auch weniger in epistemologischer als vielmehr gesellschaftstheoretischer Hinsicht“[2].
Konrad Fiedler, den uns Anke Haarmann als „Vertreter einer epistemologischen Ästhetik“ zugetragen hat, setzte „Wirklichkeit nicht als etwas […], was an sich verständlich ist, sondern als eine Wirkung im Denken und Wahrnehmen, die in der künstlerischen Ausdrucksbewegung in die Welt kommt.“[3] Damit ist Kunst immer schon auch Wirklichkeit, eine Trennung nach „Kunst“ hier und „Leben“ oder „Wirklichkeit“ dort eigentlich sinnlos, es sei denn man bekümmert sich um den legalen Status von Kunst oder den biologischen Status von Kunst (Pygmalion-Mythos, Menschenmaschine, Tod und gespielter Tod).
Meine Frage wäre dann: Ließe sich die Frage der Avantgarde dann nicht neu stellen, wenn man damit sozusagen die Überführung der Kunst ins Leben neu perspektiviert – und die Avantgarde von diesem Axiom gewissermaßen auch erlöst, wie sich die Frage nach Konrad Fiedler ja anders stellt?
Mein Anliegen wäre es dann, die Avantgarde nicht mehr als politische Revolutionsmaschine oder als Waffe zu behaupten oder so, sondern als eingreifendes Denken und eingreifendes Wahrnehmen – als ästhetisches Welthandeln (womit die Kunst dann auch anschlussfähig wird für Hanna Arendt.
Warum die Rede vom Hasen?
Die Avantgarden, die ja Hase und Igel ist, weiß von nichts und weiß es doch. Die NWK-AO ahnte intuitiv – witterte (griechisch nous – auch das wissen wir nun Dank Haarmann) –, dass da Epistemisches in ihrem ästhetischen Handeln sich ausdrückte – und eventuell auch erst hervorgebracht wurde. Denken wir zurück an die Einsichtsbegeisterung, die sich an dem Einsehen von verkörpertem Wissen generierte (Verifiktionale Texte) und zugleich als Begeisterung auch erst Einsichten zuließ (die Epistemie der Affekte) – Heiligenstätte des Fluxus – denken wir an unsere Epistemikonie, die ja gerade auch das Einsehen von Einsicht in Ausdrucksbewegung verfilmte und ver-sprach.
So sind wir Hase wie Igel: Wir wissen von nichts, waren aber zugleich auch schon längst dort, wo uns Anke Haarmann gerade erst hinschickte.
Die Frage ist: Rennen wir zurück, und wer wartet dann dort auf uns und wer bleibt hier?
[1] Vgl.hier etwa von Hantelmann: How to do Things with Art ,2007; bzw. Gludovatz, von Hantel mann, Lüthy, Schieder (Hg.): Kunsthandeln, 2010. Referenzen nach Haarmann. [2] Anke Haarmann Artistic Research Eine epistemologische Ästhetik, 2019, transcript Verlag, S.37.[3] Anke Haarmann Artistic Research Eine epistemologische Ästhetik, 2019, transcript Verlag, S.36.